Angst ein erst zunehmendes Thema

Kaum einer redet darüber, aber viele merken es deutlich: Die Angst greift um sich in Zeiten von Covid-19. Manchen ist ihre Angst nicht bewusst, sie verdrängen das Gefühl und reagieren stattdessen mit Wut und Aggressionen auf ihre Umgebung. Menschen, die oft unter Ängsten leiden, merken derzeit, dass ihre Angst stärker ist als sonst. Das ist auch kein Wunder: Vieles ist gerade unsicher! Was noch vor  sechs Monaten planbar schien, ist heute nicht mehr zu kontrollieren oder vorherzusehen. Man weiß ebenso wenig, wie man die nächsten Urlaube verbringen wird, noch wie sich die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren entwickeln werden. Auch die gesundheitliche Zukunft ist ungewiss – wird es bald einen wirksamen Impfstoff gegen den Coronavirus Sars-CoV-2 geben? Lasse ich mich überhaupt Impfen? Kann man überhaupt längerfristig immun gegen den neuen Virus sein? Diese Ungewissheiten sind beängstigend!

Die Grundformen der Angst

Über Angst wird selten geredet, ja sie scheint fast ein Tabu zu sein. Dabei ist es nahezu unmöglich, die täglichen Nachrichten zu verfolgen, ohne sie als beängstigend zu empfinden. Darum möchte ich heute mal über die Angst schreiben. Ich möchte Dir dabei ein Buch vorstellen, in dem es viel um die Angst und ihre Auswirkungen auf die Menschen geht. Der Autor Fritz Riemann beschreibt in dem gleichnamigen Buch die „Grundformen der Angst“, wie er diese nennt. Damit meint er Ängste vor verschiedenen Aspekten des Lebens, wie beispielsweise die Angst vor Veränderung. Der Psychoanalytiker behauptet in seinem Buch, dass in frühen Lebensjahren erlebte Grundängste vier verschiedene idealtypische Persönlichkeiten prägen, von denen jeder Mensch Wesenszüge trägt. Das Buch ist zwar schon etwas älter, aber das Thema ist zeitlos – und aktuell wie nie.

Die vier Grundformen der Angst

Riemann hat vor rund 50 Jahren in der Arbeit mit Patientinnen und Patienten vier Grundängste identifiziert, die zu verschiedenen Verhaltensweisen führen. Dies erklärt, warum einige Menschen eher zum Wechsel neigen, während andere sehr kontinuierlich im Leben sind, warum manche mehr Nähe suchen und andere mehr Distanz halten. Dieser Ansatz kann Dir helfen, Dich und andere Menschen besser zu verstehen!

  • Die erste Angst nennt Riemann die Angst vor Hingabe. Sie führt dazu, dass man Distanz zu anderen hält und autonom und von niemandem abhängig sein möchte. Anderen begegnen Menschen, die als Kind stark dieser Angst ausgesetzt waren oft sachlich, kühl und distanziert.
  • Die zweite Angst, ist die Angst vor der Selbstwerdung, also dem Entwickeln einer eigenen Persönlichkeit, die einen von anderen unterscheidet. Diese Menschen, die in der Kindheit oft überbehütet wurden, sind von der Nähe und Zuwendung anderer Menschen abhängig und halten stark an Partnerschaften fest. Sie vermeiden darum Konflikte, stellen eigene Bedürfnisse hintenan, passen sich an und streben nach Harmonie.
  • Die dritte Angst ist die vor der Veränderung. Alles soll so bleiben, wie es ist, Veränderungen werden gescheut. Menschen, die in ihrer Kindheit die Angst vor Veränderung besonders stark erleben mussten, suchen nach verlässlicher Struktur, Ordnung und Planbarkeit sowie Dauer und Beständigkeit in allen Lebensbereichen. Sie sind zuverlässig und perfektionistisch und auch in Gefühlsdingen oft sachlich und rational. Oftmals entwickeln sie einen zwanghaften Charakter.
  • Die vierte Grundangst ist für Riemann die Angst vor der Notwendigkeit. Anders als der dritte Typus, der Chaos und Spontaneität meidet, suchen diese Charaktere das Leben im hier und jetzt ohne Zukunftssorgen: Sie sind lebhaft, emotional und lieben die Abwechslung. Sie ängstigen sich davor, Verantwortung zu übernehmen, sich festzulegen oder endgültige Entscheidungen zu treffen.

Alle Menschen tragen Züge einzelner oder mehrerer dieser Typen in sich, durch die unterschiedlichen Erfahrungen und Ängste in der frühen Kindheit. Vielleicht erkennst Du hierin auch so einige Wesenszüge von Menschen aus Deinem Umfeld oder Dir selber wieder!
Angst ist ein wichtiger Teil des Lebens und gehört zur menschlichen Existenz dazu. Man kann nur lernen, besser mit ihr umzugehen oder wie Riemann schreibt:

„Angst gehört unvermeidlich zu unserem Leben. In immer neuen Abwandlungen begleitet sie uns von der Geburt bis zum Tode. […] Wir können nur versuchen, Gegenkräfte gegen sie zu entwickeln: Mut, Vertrauen, Erkenntnis, Macht, Hoffnung, Demut, Glaube und Liebe. Diese können uns helfen, Angst anzunehmen, uns mit ihr auseinanderzusetzen, sie immer wieder neu zu besiegen.“ Fritz Riemann (1975): Grundformen der Angst, S. 7.

Leidest Du auch unter Ängsten? Was bestärkt Dich im Umgang mit Deinen Ängsten? Was hilft Dir dabei, mit den Unsicherheiten in Zeiten von Corona umzugehen? Ich begleite und unterstütze Dich gern im Umgang mit Deinen Ängsten.

Deine Katharina

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