In Deutschland sind Männer und Frauen heutzutage gleichberechtigt. Das glauben oder behaupten heutzutage viele Menschen. Verrückterweise meist Frauen. Liebe Frauen, liebe Männer: Das ist ein Märchen! Du glaubst das tatsächlich? Dann frag doch mal in Deinem Umkreis genau nach: wer verdient wie viel? Wer macht was im Haushalt und wie viel Zeit benötigt das täglich? Wer steht nachts auf, wenn die Kleinen schreien? Wen ruft man bei der Arbeit an bzw. bleibt zu Hause, wenn die Kinder krank sind und den Großteil der Erziehungszeit? Wer dreht sich nachts auf dem Nachhauseweg ängstlich um, aus Angst vor Übergriffen vom anderen Geschlecht? Frau muss zuschauen, wie mal wieder Kollegen des anderen Geschlechts befördert werden und in Spitzenpositionen in Wirtschaft und Politik landen? Wer erlebt anzügliche, abwertende Kommentare oder gar unerwünschte Berührungen von Mitgliedern des anderen Geschlechts? Also: das Märchen von der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen!

Frauen bekommen in Deutschland 20,1 Prozent weniger Stundenlohn als Männer

Wenn Du im Freundeskreis oder bei Dir selber schaust, wie weit es mit der Geschlechtergerechtigkeit heutzutage wirklich bestellt ist, wirst Du sehen: die Menschen finden immer vermeintlich persönliche Gründe dafür, warum die Frau weniger verdient, mehr im Haushalt macht oder mehr Zeit mit den Kindern verbringt. „Mit dem Geschlecht hat das nichts zu tun“, behaupten viele. Aber Fakt ist, dass es für die Mehrheit der Menschen gilt und eben nicht nur rein persönliche Gründe hat. Frauen verdienen nach wie vor in Deutschland deutlich weniger als Männer pro Stunde! Und zwar: 20,1 Prozent im Jahr 2020.

Damit ist Deutschland in der EU übrigens am drittschlechtesten aufgestellt, obwohl ja gerne gedacht wird, dass wir so fortschrittlich seien. Scheinbar sind wir einfach so gut darin, uns etwas vorzumachen und Fakten zu ignorieren. Auch den Löwenanteil des Haushalts wuppen dann doch meist die Frauen, in der Regel gänzlich unbezahlt. Hat eine Familie genug Geld und zu viel mit der Arbeit zu tun, wird gerne mal eine andere Frau dazugeholt und als mäßig bezahlte Reinigungskraft eingestellt. Dabei machen in der EU deutlich mehr Frauen einen Universitätsabschluss als Männer – aber auf dem Arbeitsmarkt profitieren sie nicht davon.

Zu hohe Anforderungen gut gelaunt erfüllen

Warum halten nun Frauen das Märchen der Gleichberechtigung mit am Leben, obwohl sie doch darunter „leiden“? Warum wollen so viele Frauen auf keinen Fall Feministin genannt werden? Damit wir nicht mehr das „schwache Geschlecht“ sind? Wir sind nicht schwach, sondern wir werden nach wie vor benachteiligt! Und das sollten wir anerkennen und etwas dagegen tun, statt es zu ignorieren. Ich denke, viele Frauen wollen stark wirken, indem sie so tun, als seien sie bereits gleichberechtigt, weil das eine der Anforderungen an Frauen ist heute: einfach alles hinbekommen. Kinder, Haushalt, Karriere und noch viel mehr, sollen Frauen einfach wuppen und zwar mit guter Laune und strahlendem Aussehen.

Die Anforderungen an Frauen sind heutzutage immens hoch: Frauen sollen gut aussehen, sich gesund ernähren, Sport treiben, das Sozialleben pflegen, sich in Vereinen engagieren, erfolgreich im Job sein und Kinder bekommen. Babys sollen gestillt werden und später von der Frau mit selbst-gekochtem Brei vom eigenen Gartengemüse gefüttert und zu vielen verschiedenen Freizeitbeschäftigungen kutschiert werden. Dann sollen Frauen ihren gepflegten Körper noch bei Yoga und Pilates dehnen, kräftigen und beim Meditieren ordentlich entspannen, damit sie dann spätabends mit dem Partner noch Quality Time und leidenschaftlichen Sex erleben können. Fit und munter durch den Tag, locker und mit Humor. Ohne sich zu beschweren oder gar vom Thema Gleichberechtigung anzufangen.

Auch an die Männer gibt es natürlich zu hohe Anforderungen heutzutage: Männer sollen sportlich durchtrainiert sein, im Business durchstarten, Haus, Kinder, Auto und Urlaube finanzieren, auch ein bisschen Erziehungszeit nehmen, der interessierte Papa sein und die Frau im Haushalt und bei der Kindererziehung entlasten. Auf beiden Geschlechtern lastet zu viel Druck und zu hohe Erwartungen! Nur die Männer haben dabei im Strich weniger Hausarbeit, eine bessere berufliche Position und mehr Einkommen. Nach Trennungen bleibt die Frau meistens in einer wirtschaftlich schwierigen Situation und mit der Hauptverantwortung für die Kinder. Deswegen das Märchen von der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen!

Geschlechtergerechtigkeit: nach wie vor ein Märchen

Ich erlebe in meiner Praxis immer wieder, dass Geschlechtergerechtigkeit nach wie vor leider ein Märchen ist. Frauen merken oftmals – nicht selten mit Scham – dass sie in Realität einen deutlich größeren Anteil aus Haushalt und Kinderbetreuung tragen als ihr Partner und deutlich weniger verdienen. Wie kannst Du versuchen, in Deinem Privatleben Gleichberechtigung anzustreben? Für unseren Verstand und unser Gefühl ist es wichtig, das wir fair und ausgeglichen behandelt werden. Ich finde, wenn sich zwei Menschen gemeinsam für ein Leben mit Haus, Kindern und so weiter entscheiden, sollen auch beide Verantwortung dafür übernehmen. Das Zauberwort im Umgang mit all den Anforderungen heißt Kommunikation: Ein
(Eltern-)Paar muss es schaffen sich immer wieder neu zu verständigen und Kompromisse einzugehen, damit sie für sich und alle Beteiligten aktiv die Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen.

Kennst Du das auch, dass Du Dich über Deine Alltagsrealität wunderst, die so anders ist als das Märchen von der angeblich bereits existierenden Gleichberechtigung? Wie gehst Du damit um? Wie kann man gleichberechtigte Beziehungen gestalten?

Deine Katharina
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