Warum lügst Du? Jeder Mensch lügt mal. Manche häufiger, einige ständig und andere zwanghaft. Bei manchen Menschen hingegen würde man sich wünschen, sie würden öfters zur Notlüge greifen, statt immer ehrlich und direkt zu sein. Für das Lügen gibt es verschiedenste Motive: Man kann aus Höflichkeit lügen, um einer negativen Reaktion zu entgehen, aus Angst, aus Furcht, aus Scham, um das Gegenüber zu schonen oder Streit zu vermeiden, um gemocht zu werden, aus Spaß und zur Unterhaltung, aus Unsicherheit, um zu betrügen, zu manipulieren oder um Intrigen und Zwietracht zu sehen…Du siehst schon, die Gründe sind vielfältig. Hinter dem Lügen steckt nicht automatisch eine böse Absicht. Heute möchte ich Dir eine häufige – in der Regel unbewusste – Ursache für das Lügen vorstellen.
Lügen aus moralischen Gründen
Viele Lügen haben ihren Ursprung in erlernten Moralvorstellungen. Hier meine ich nicht die Notlügen, um das Gegenüber zu schonen (Beispiel: “Die neue Frisur steht Dir ausgezeichnet”, statt: “Oh je, an Deiner Stelle würde ich den Friseur verklagen!”). Nein, ich meine stattdessen Lügen, die auf dem moralischen Urteil über sich selber basieren. Fällt dieses Urteil schlecht aus, wird eine Lüge eingeschoben, die der Moral entspricht.
Wo kommt die Moral her? Wir alle erlernen – bewusst und unbewusst – Werte und Normen. Diese werden einem durch Eltern und Nachbarn vorgelebt und durch das Dorf oder die Stadt in der man aufwächst. Auch das kulturelle Umfeld und die christliche Gesellschaft, in der wir leben, vermitteln erwünschte Verhaltensweisen, an denen wir uns messen, auch wenn wir keine Christen sind. Hat man nun gewisse Gedanken, Gefühle oder Handlungen, die der erlernten Moral entgegenstehen, fällt die eigene Moralinstanz das verinnerlichte Urteil über sich und man lügt. Oftmals wird übrigens nicht direkt gelogen, sondern etwas vertuscht oder absichtlich nicht erzählt.
Mut zur Wahrheit!
Also, warum lügst Du mich an? Die quasi gute Nachricht dabei: wenn Dir jemand aus so einem Grund eine Lüge erzählt, belügt sich die Person eigentlich selber und nicht Dich. Aber tröstet Dich das? Vermutlich nicht. Warum fühlst Du Dich von Lügen trotzdem verletzt? Vielleicht liegt es daran, dass Du das Gefühl bekommst, dass man Dir nicht die Wahrheit sagen kann? Dass man sie Dir nicht zumuten mag? Und Du weißt nie, was der andere tatsächlich denkt, der Dich angelogen hat. Das erschwert es, Vertrauen zu entwickeln und den anderen authentisch kennenzulernen.
Falls Du Dich selber dabei ertappst, dass Du lügst, weil Du anderen etwas sozial Unerwünschtes (in Deinen Augen) nicht erzählen magst: Hinterfrage doch mal, ob Du Deinem Gegenüber nicht doch die oder Deine Wahrheit zumuten magst? Ob Du ihm oder ihr vertraust und zutraust damit umgehen zu können? Ob Du vielleicht selber das größte Problem mit der jeweiligen Wahrheit hast? Denn wenn Du zur Lüge greifst, hat das Gegenüber keine Möglichkeit zu reagieren. So entgeht Euch beiden eine wichtige Lernerfahrung. Vielleicht hilft es Dir den Gedanken, warum lügst Du mich an, loszulassen? Nur Mut zur Wahrheit! Und alles Gute dabei!
Deine Katharina
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Bildquellen auf dieser Seite: Walter Rammler